Grüner Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger gegen den Klimawandel
Grüner Wasserstoff gilt als Schlüssel im Kampf gegen den Klimawandel. Das regenerativ erzeugte Gas kann Bereiche wie Mobilität und Industrie nachhaltiger machen. In Ludwigshafen setzt die Heinrich-Pesch-Siedlung mithilfe von TWL auf Wasserstoff als Energieträger.
Derzeit ist grüner Wasserstoff in aller Munde. Doch was ist Wasserstoff? Es ist ein farb- und geruchslose Gas, das drei Viertel der bekannten Materie im Universum ausmacht. Wir Menschen bestehen zu über 60 Prozent daraus. Unser Sonnensystem sogar zu mehr als 90 Prozent. Wasserstoff ist das häufigste und leichteste aller chemischen Elemente. Sein Symbol, H, stammt vom lateinischen Begriff „Hydrogenium“, Wassererzeuger.
Wasserstoff ist geballte Energie
Unter Normalbedingungen auf der Erde kommt es als Molekül H2 vor. Allerdings selten in Reinform. Vielmehr steckt es fast ausschließlich in Verbindungen. Zusammen mit Sauerstoff bildet es beispielsweise Wasser, chemisch: H2O. Das Molekül H2 selbst muss mit hohem Energieaufwand erzeugt werden. Das funktioniert zum Beispiel per Elektrolyse. Dieses Verfahren spaltet Wasser mithilfe von Strom in seine Bestandteile auf. Kommt dabei regenerative elektrische Energie zum Einsatz, entsteht grüner Wasserstoff.
Auf diesem ruhen derzeit viele Hoffnungen. Denn er gilt als Energieträger für eine klimaneutrale Zukunft. Die Bundesregierung setzt unter anderem auf eine nationale Wasserstoffstrategie, um die vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Das Gas ist für die Energiewende auch deshalb so interessant, weil es sich gut speichern und transportieren sowie vielfältig einsetzen lässt. Außerdem besitzt es eine hohe Energiedichte: Es enthält pro Kilo dreimal mehr Energie als Benzin oder Diesel. Nutzen lässt sich diese Energie mittels Brennstoffzellen. Darin reagieren Wasserstoff und Sauerstoff miteinander. Dabei entstehen Strom, Wärme und Wasser – aber keinerlei klimaschädliche Emissionen.
Grundstoff der chemischen Industrie
Erfahrungen mit der Nutzung des Gases gibt es bereits seit Langem. Es ist zum Beispiel als Antriebsenergie für Raketen, Autos, Züge und Busse erprobt. Zudem dient es in der chemischen Industrie als Grundstoff für die Herstellung von Kunststoffen und Düngemitteln.
„In der Region gibt es eine Vielzahl von Unternehmen, für die eine Nutzung des klimafreundlichen Gases infrage kommt.“
Cornelia Reuter
Der hierfür benötigte Wasserstoff wird derzeit noch zu über 90 Prozent mit fossilen Brennstoffen hergestellt. Er wird als „grau“ bezeichnet und ist alles andere als klimafreundlich. Grüner Wasserstoff bietet viel Potenzial, um energieintensive industrielle Anwendungen wie die Stahlproduktion nachhaltiger zu gestalten. Im Mobilitätssektor kann er als Treibstoff für Lkws, Busse, Flugzeuge, Schiffe und Züge dienen. Mit Brennstoffzellen lassen sich zudem in einem Prozessschritt klimafreundliche Wärme und Strom erzeugen. Das zeigte in Ludwigshafen ein Pilotprojekt von TWL, Wingas und BASF Wohnen + Bauen in einem energetisch sanierten Mehrfamilienhaus.
Darüber hinaus könnte die Beimischung von Wasserstoff zu Erdgas den CO2-Fußabdruck moderner Gasheizungen reduzieren. Im Energiesektor wiederum ist das Gas vor allem als Speicher für regenerativen Strom interessant. Außerdem lässt sich H2 mit den bestehenden Gasleitungen problemlos über lange Strecken transportieren.
„Wir haben das Know-how und die Infrastruktur für die Herstellung, Speicherung, den Transport und die Nutzung von grünem Wasserstoff.“
Zoltan Meszaros
Wasserstoff: Gleichgewicht aus Angebot und Nachfrage
Sich mit den Möglichkeiten dieses Energieträgers zu befassen, liegt für TWL daher auf der Hand. Zoltan Meszaros, der Leiter des Bereichs Erzeugung bei TWL, sagt: „Wir haben das Know-how und die Infrastruktur für die Herstellung, die Speicherung, den Transport und die Nutzung von grünem Wasserstoff.“ Daher sondiert der Ludwigshafener Energieversorger bereichsübergreifend die Potenziale, die das klimafreundliche Gas für die Kunden bietet.
Cornelia Reuter, die Leiterin Unternehmensentwicklung bei TWL, und ihr Team befassen sich mit grünem Wasserstoff als neuem Geschäftsfeld. Dies erfolgt stets im Dialog mit möglichen Anwendern. Sie betont: „In der Region gibt es eine Vielzahl von Unternehmen, für die eine Nutzung des klimafreundlichen Gases infrage kommt. Wenn wir gemeinsam ein funktionierendes Gleichgewicht aus Angebot und Nachfrage entwickeln, bringen wir die Energiewende vor Ort ein großes Stück voran.“ Auch Dr. Jürgen Kroha, der Leiter Vertrieb bei TWL, setzt auf den Aufbau eines Ökosystems. „Das Thema wird die Gesellschaft in den nächsten Jahren immer intensiver beschäftigen. Unternehmen, die sich jetzt aktiv damit auseinandersetzen, positionieren sich frühzeitig und tragen zu ihrer Zukunftssicherheit bei“, sagt er.
„Wir freuen uns, mit TWL einen kompetenten Partner gefunden zu haben, der sich mit uns auf den Weg macht.“
Pater Tobias Zimmermann SJ
Partnerschaft für innovative Lösungen
Von der Zukunftstechnologie überzeugt sind zum Beispiel die Verantwortlichen der Heinrich-Pesch-Siedlung. Für das Quartier, das zwischen den Stadtteilen West und Oggersheim entsteht, entwickelte TWL ein Energiekonzept, in dem grüner Wasserstoff eine wichtige Rolle spielt. Ziel ist es dabei, das Begegnungshaus der Siedlung teilweise energieautark mit klimafreundlicher Energie zu versorgen. Dazu wird überschüssiger Ökostrom der Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Gebäudes gespeichert: zum einen kurzzeitig in einem Batteriespeicher. Dieser dient zum Beispiel für den Ausgleich von Bedarfen am Abend. Zum anderen längerfristig als Wasserstoffgas. Der Wasserstoffspeicher füllt sich in den Sommermonaten und liefert im Winter elektrische Energie und Wärme.
Pater Tobias Zimmermann SJ, Prokurist der Heinrich-Pesch-Siedlung GmbH & Co. KG, betont: „Wir wollen in diesem Projekt Innovationen für das Gelingen der sozialen und ökologischen Transformation erproben. Wir freuen uns, mit TWL einen kompetenten Partner gefunden zu haben, der sich mit uns auf den Weg macht.“
Ein Gas, viele Farben
Wasserstoff ist ein farbloses Gas. Die Farbbezeichnungen geben Auskunft über die Art seiner Herstellung.
Grün
Grün ist Wasserstoff, der durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Energien entsteht. Bei der Produktion fallen keine Treibhausgase a. Nur grüner Wasserstoff ist ein klimafreundlicher Treibstoff für die Energiewende.
Grau
Grauer Wasserstoff wird aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Meist wandelt man Erdgas mit Dampfreformierung unter Hitze in Wasserstoff und CO2 um. Dabei entstehen pro Tonne Wasserstoff zehn Tonnen CO2.
Braun
Überführt man Kohle zum Beispiel unter Druck in brennbare gasförmige Verbindungen, entsteht brauner Wasserstoff. Er spielte ab den 1930er-Jahren bis in die 1970er-Jahre im Stadtgas, einem Gasgemisch, auch in Ludwigshafen eine wichtige Rolle für die Straßenbeleuchtung, für Gasherde und Durchlauferhitzer.
Blau
Wird das CO2, das bei der Herstellung von grauem Wasserstoff entsteht, gespeichert, spricht man von blauem Wasserstoff. Er ist bedingt CO2-arm, da das Treibhausgas nicht in die Atmosphäre gelangt.
Türkis
Die Methanpyrolyse wandelt Erdgas durch Hitze in türkisen Wasserstoff und festen Kohlenstoff um. Das bislang nur im Labor getestete Verfahren benötigt 87 Prozent weniger Energie als die Wasserelektrolyse.
Erst Science-Fiction, dann Realität
Wasserstoff als Energie zu nutzen, inspiriert die Menschen seit Jahrhunderten. Der englische Chemiker und Physiker Henry Cavendish entdeckte das Gas 1766 und nannte es „brennbare Luft“. Der französische Schriftsteller Jules Verne sah für Wasserstoff eine Karriere als „Kohle der Zukunft“ voraus. In seinem Roman „Die geheimnisvolle Insel“ von 1874 heißt es: „Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist.“ Auch die Idee der Brennstoffzelle, die mit Wasserstoff und Sauerstoff Energie erzeugt, gibt es schon lange. Das Prinzip wurde 1838 entwickelt. In den 1960er-Jahren entstanden die ersten Autos mit Brennstoffzellen, und auch die NASA setzte bei ihren Raketen auf die Technik.
Wasserstoff als Speicher für Ökostrom
Das Versorgungskonzept des Begegnungshauses in der Heinrich-Pesch-Siedlung kombiniert Photovoltaik (PV), Elektrolyseur, Brennstoffzelle, Strom-, Wasserstoff- und Wärmespeicher. überschüssiger PV-Strom aus der Mittagszeit wird zunächst kurzfristig in einem Batteriespeicher gespeichert, um Bedarfe am Abend zu decken. Zusätzlich nutzt ein Elektrolyseur einen Teil des Stroms, um aus Wasser gasförmigen Wasserstoff zu erzeugen. Über die Sommermonate füllt sich so der Wasserstoffspeicher, der zur Energieversorgung im Winter beiträgt. Dann wandelt eine Brennstoffzelle den Wasserstoff wieder in Strom und Wasser um. Die dabei entstehende Wärme wird ebenfalls zur Energieversorgung genutzt. Dies erhöht den Anteil regenerativer Energien und die Versorgungssicherheit im intelligenten Verteilnetz.