Grüner Wasserstoff: Interview mit Dominik Baumann von TWL
Grüner Wasserstoff kann helfen, die Energieversorgung klimafreundlicher zu gestalten. Beim Ludwigshafener Energiedienstleister TWL ist Dominik Baumann einer der Experten für das Thema. Im Interview erläutert er die Potenziale des regenerativ erzeugten Gases.
Herr Baumann, was fasziniert Sie am Energieträger grüner Wasserstoff?
Als Energietechnik-Ingenieur finde ich die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von grünem Wasserstoff besonders spannend. Grüner, also regenerativ erzeugter Wasserstoff ist ein farb- und geruchloses Gas, chemisch: H2. Es lässt sich zentral und dezentral herstellen, speichern und nutzen. Damit bietet grüner Wasserstoff große Chancen für die Energiewende. Nehmen wir zum Beispiel seine Speicherbarkeit: Man kann sowohl kleine als auch sehr große Mengen H2 über Wochen und Monate speichern. Damit steht regenerative Energie auch bei sogenannten Dunkelflauten zur Verfügung, also bei Windstille und wenn Photovoltaikanlagen keine Energie liefern, beispielsweise nachts. Interessant ist auch, dass sich Wasserstoff bis zu einem bestimmten Grad dem Erdgas beimischen und damit über bestehende Gasnetze verteilen lässt. Das verringert die CO2-Emissionen von Erdgas und das Gasnetz wird zum Energiespeicher. Darüber hinaus ist der Transport von gasförmigem und flüssigem Wasserstoff mit Schiffen, Lkws und anderen Verkehrsmitteln möglich. Vielfältig sind auch die Nutzungsmöglichkeiten im Strom-, Wärme- und Verkehrssektor. Dabei entstehen keinerlei CO2-Emissionen.
Wie entsteht grüner Wasserstoff?
Am Anfang der Wasserstoff-Wertschöpfungskette steht die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien. Der Grünstrom dient dann dazu, aus Wasser mithilfe der Elektrolyse Sauerstoff und Wasserstoff zu gewinnen. Dieser Prozess nennt sich im Fachjargon Power-to-Gas. Anschließend wird der Wasserstoff verdichtet, gespeichert und bei Bedarf rückverstromt. Häufig erfolgt dies mithilfe von Brennstoffzellen. Diese wandeln die chemische Energie sehr effizient in elektrische Energie um. Dabei entsteht aus Wasserstoff und Sauerstoff wieder Wasser, wobei Energie im Form von Strom und Wärme freigesetzt wird und genutzt werden kann.
Durch die Umwandlungsstufen geht derzeit allerdings noch viel Energie verloren. Am Ende stehen weniger als 50 Prozent des eingesetzten Stroms wieder zur Verfügung. Wenn möglich, sollte regenerativ erzeugter Strom also am besten direkt verbraucht werden. Dennoch hat grüner Wasserstoff großes Potential, zum Gelingen der Energiewende und zur Reduzierung von CO2-Emissionen beizutragen.
Warum ist grüner Wasserstoff für die Energiewende wichtig?
Zum einen lässt er sich CO2-frei für die Energieversorgung, in der Industrie und im Mobilitätssektor nutzen. Zum anderen ermöglicht seine langfristige, nahezu verlustfreie Speicherbarkeit auch in großen Mengen, wetterbedingte Schwankungen bei der Produktion von erneuerbarem Strom auszugleichen. Außerdem können auch regionale Energiebedarfe, etwa von Industriebetrieben, klimaschonend mit lokal erzeugtem und gespeichertem grünem Wasserstoff gedeckt werden.
Für welche Bereiche eignet sich dieser Energieträger besonders gut?
Grüner Wasserstoff kann in Brennstoffzellen oder Blockheizkraftwerken zur Erzeugung von Strom und Wärme dienen. Auch im Mobilitätsbereich, etwa in Pkws, Lkws und Schiffen ist ein Einsatz möglich. Darüber hinaus eignet er sich auch als Rohstoff für die Industrie.
Bleiben wir bei der Mobilität. Wie tankt ein Brennstoffzellen-Auto und wie weit kann es mit einer Füllung fahren?
Das Tanken funktioniert ähnlich wie bei fossilen Kraftstoffen und dauert circa drei bis fünf Minuten. In einen Pkw-Gastank passen rund vier bis fünf Kilo H2 – verdichtet bei 700 Bar Druck. Wie weit man damit fahren kann, hängt natürlich von der Fahrweise ab. In der Stadt liegt der Verbrauch zwischen 700 und 900 Gramm auf 100 Kilometer, auf der Autobahn bei einem bis 1,6 Kilo pro 100 Kilometer. Eine Tankfüllung reicht also für rund 400 Kilometer. Bei einem derzeitigen Preis zwischen acht und zehn Euro pro Kilo Wasserstoff kostet eine Tankfüllung ungefähr 40 bis 50 Euro.
Was ist klimafreundlicher, ein Batterie- oder ein Brennstoffzellen-Fahrzeug?
Für kurze Distanzen, etwa im Stadtverkehr und bei leichten Fahrzeugen, ist der Batterieantrieb die beste Möglichkeit; immer vorausgesetzt, man nutzt Ökostrom und lässt die CO2-Emission bei der Batterieproduktion außer Betracht. Hingegen eignet sich grüner Wasserstoff besonders gut für längere Strecken und für den Schwerlastverkehr, oder wenn sich Strom nicht direkt nutzen lässt. Der Vorteil ist hier der kürzere Tankvorgang bei H2 im Vergleich zu Strom.
Die Energieversorgung der Zukunft wird aus vielen Technologien bestehen. Grüner Wasserstoff ist dabei eine Technologie, um regenerativen Strom langfristig und in unterschiedlichen Größenordnungen zu speichern. Das bietet viele Möglichkeiten zur Optimierung der Energiesysteme. Die Wasserstofftechnologie steckt allerdings noch in einem Entwicklungsstadium. Daher ist es wichtig, dass die Politik die richtigen Weichen für ihre Förderung stellt. TWL besitzt das Know-how, kundenorientierte Lösungen mit grünem H2 zu entwickeln und umzusetzen.