Hintergrund

Stadt am Fluss

Am Luitpoldhafen am Rheinufer Süd entsteht ein neues Wohngebiet. (Bild: Alexander Grüber)

Stadt am Fluss

Stadt am Fluss: Wie der Rhein die Entwicklung Ludwigshafens prägt

Als Stadt am Fluss ist Ludwigshafen vom Rhein geprägt. Ihre Keimzelle ist der Hafen, der die Wirtschaft einer ganzen Region in Schwung hält. Seit einigen Jahren rückt auch das urbane Leben näher ans Wasser.

Eine Stadt am Fluss hat ganz besondere Reize. Denn der Blick aufs Wasser berührt Menschen seit jeher. Und gerade in diesen Zeiten wirkt ein Spaziergang am Wasser besonders entspannend. In Ludwigshafen zieht der Rhein in seinen Bann. Unaufhaltsam fließt der mächtigste Strom an der Stadt vorbei. Damit ist er eiliger Passant und einflussreicher Nachbar zugleich.

„Vor Urzeiten formte der Rhein den Raum des heutigen Ludwigshafen.”

Ludwigshafen verbindet eine ganz besondere Beziehung mit dem Rhein. Denn seine Schlingen und Arme formten den Raum der heutigen Stadt schon vor Urzeiten. Bis zu seiner Begradigung ab 1817 überschwemmte der Rhein die Region regelmäßig. Vermutlich verdankt die Stadt am Fluss auch ihre Existenz als Industrie- und Handelszentrum einem Rheinhochwasser, das die Region vor 200 Jahren heimsuchte.

Die denkmalgeschützte Pegeluhr an der Kammerschleuse am Luitpoldhafen. (Bild: Alexander Grüber)

Die Stadt am Fluss ist aus den Fluten des Rheins geboren

Damals gab es linksrheinisch nur die Rheinschanze. Diese zunächst militärische Anlage zum Schutz Mannheims hatte sich zu einem Handels- und Verladeplatz am Rhein entwickelt. Dort ließen die Fluten im Jahr 1824 den Damm brechen und schufen einen natürlichen Hafen. Es war der einzige wintersichere Anlegeplatz für Rheinschiffe weit und breit. Daraufhin beschleunigten sich die Handels- und Hafenaktivitäten linksrheinisch enorm.

1843 kaufte der bayrische Staat das Areal. Daher durfte sich die kleine Ansiedlung zu Ehren König Ludwigs I. von Bayern bald „Ludwigshafen” nennen. Wenig später entstand nördlich des Winterhafens die Endhaltestelle der Pfälzischen Ludwigsbahn. Daraufhin entwickelte sich die junge Stadt am Fluss zum Verkehrsknotenpunkt zwischen den Kohlegruben des Saarlands und dem Atlantik.

Hafenchef Franz Josef Reindl vor dem Containerhafen im Kaiserwörthhafen. (Bild: Alexander Grüber)

Diese Standortvorteile riefen Industrie und Gewerbe auf den Plan. Zunächst kam 1851 die Chemiefabrik Giulini, 16 Jahre später begann die BASF mit der Produktion in Ludwigshafen. Dann ging es Schlag auf Schlag: Schon 1892 gab es 16 chemische Fabriken und 14 metallverarbeitende Betriebe vor Ort. Die Bevölkerungszahl der jungen Stadt am Fluss wuchs rasant. Auch der Winterhafen als Warenumschlagplatz war bald zu klein. Zwischen 1874 und 1918 entstanden daher der angrenzende Zollhofhafen, der Luitpoldhafen, der Mundenheimer Altrheinhafen und der Kaiserwörthhafen, an dem heute das Containerterminal angesiedelt ist. Seit 1977 gibt es den von der BASF betriebenen landeseigenen Nordhafen.

Der Hafen als Schwungrad der Wirtschaft

Ein Motor des Fortschritts ist der Hafen noch immer. Als einer der fünf größten Binnenhäfen Deutschlands hält er die Wirtschaft der Region in Schwung. Franz Josef Reindl, der Geschäftsführer der Hafenbetriebe Ludwigshafen, betont: „Allein in Ludwigshafen vertreten wir direkt und indirekt etwa 100 Kunden, neben Großkonzernen wie der BASF auch zahlreiche Mittelständler. Landesweit hängen etwa 55.000 Arbeitsplätze von den Hafeneinrichtungen ab.”

„Der Hafen hat viel Fläche für die urbane Entwicklung freigegeben.”

Franz Josef Reindl

Das Einkaufszentrum Rhein-Galerie steht auf dem zugeschütteten ehemaligen Winterhafen. (Bild: Alexander Grüber)

Die Wirtschaftlichkeit des Hafens und der Erhalt der Arbeitsplätze haben für ihn Priorität. Gleichzeitig versteht er den Hafen als Teil der Stadtgesellschaft. Ihm geht es daher um die Balance zwischen städtebaulichen Ansprüchen und den Anforderungen der Standortsicherung. „Der Hafen hat zuletzt am Zollhof, am Rheinufer und auf der nördlichen Parkinsel etwa 180.000 Quadratmeter Fläche für die urbane Entwicklung freigegeben”, betont er. Vieles hat sich verändert in den vergangenen Jahrzehnten. Der Winterhafen, die Keimzelle Ludwigshafens, existiert inzwischen nicht mehr. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sein Becken, das einst bis zum Ludwigsplatz reichte, mit Trümmern aufgefüllt. So entstand auf dem Zollhof Platz für zusätzliche Hafenanlagen, Lagerhäuser und Umschlaghallen. 1980 nahmen die Hafenbetriebe dort ihre erste Containerverladebrücke in Betrieb.

Shopping auf dem ehemaligen Winterhafen

Doch auch das ist heute Geschichte. Seit zehn Jahren steht das Einkaufszentrum Rhein-Galerie auf dem zugeschütteten Hafenbecken. Damit ist die Stadt, die lange keinen direkten Zugang zum Rhein hatte, ganz nah an den Fluss gerückt. Der Platz vor dem Shoppingcenter und die angrenzende Uferpromenade – wo es inzwischen einen Anleger für Ausflugsschiffe gibt – gehören zu den attraktivsten Orten in der Innenstadt. Ebenso der Weg durch den Rheinuferpark am Wasser entlang. Er verbindet die City mit der Parkinsel, die durch den Bau des Luitpoldhafens entstand.

Die Parkinsel ist ein Lieblingsplatz in Ludwigshafen. (Bild: Alexander Grüber)

Stadt am Fluss bietet urbanes Leben und urtümliche Natur

Dort betreibt der Energie- und Wasserversorger TWL seit 1935 ein Wasserwerk sowie neun seiner insgesamt 26 Trinkwasserbrunnen. Auch der mit 420 Metern tiefste Brunnen befindet sich auf der Parkinsel. Das Unternehmen nutzt dabei das riesige Trinkwasserreservoir des Oberrheingrabens. Darüber hinaus hat TWL bislang das Festival des deutschen Films auf der Parkinsel gefördert, das in diesem Jahr aufgrund der Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionen mit dem Coronavirus nicht in gewohnter Form stattfindet. Das Festival hat den idyllischen Park weit über die Region hinaus bekannt gemacht. Die Ludwigshafener schätzen ihn gerade jetzt als grüne Oase und Erholungsort.

Mit exklusiven Stadtvillen, die das Wohnen am Wasser ermöglichen, hat auf der einstigen Brache am Rheinufer Süd inzwischen urbanes Leben Einzug gehalten. Dieses städtebauliche „Sahnestück” war ebenfalls einmal Hafengelände. Von seinem Büro im 21. Stock des Zollhof-Hochhauses hat Franz Josef Reindl den gesamten Lauf des Rheins bei Ludwigshafen im Blick, wie er an der Stadt vorbei in Richtung Nordsee zieht. Für den Hafenchef ist der Fluss in erster Linie ein Verkehrsweg – eine der meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt. Am liebsten ist Franz Josef Reindl mit dem Arbeitsschiff „MS Pfalz“ unterwegs, um die Uferlinie Ludwighafens abzufahren. Stromabwärts reicht sie von Rheinkilometer 418 bis 431.

Sie bietet außer Stadt-, Hafen- und Industriekulisse auch unberührte Natur. Zum Beispiel im Rheinabschnitt zwischen der Parkinsel und der Mannheimer Reißinsel. Hier zeigt der Fluss seine urtümliche Schönheit und erinnert an die Auenlandschaft, in der die Entwicklung Ludwigshafens ihren Anfang nahm.