Energie aus Abfall: Wie Restmüll zu Strom und Fernwärme wird
In Ludwigshafen entsteht seit 50 Jahren saubere Energie aus Abfall. Die Partner TWL und GML Abfallwirtschaftsgesellschaft verwerten den Restmüll von einer Million Menschen in der Region klimaschonend zu Strom und Fernwärme.
Wie Energie aus Abfall entsteht, zeigt ein Blick ins Müllheizkraftwerk der GML Abfallwirtschaftsgesellschaft in Ludwigshafen. „Hier lagert ein wichtiger Brennstoff für die Energieerzeugung in Ludwigshafen“, sagt Dr. Thomas Grommes, der Geschäftsführer des Unternehmens, und deutet auf einen mächtigen Abfallberg im Müllbunker des Kraftwerks in der nördlichen Innenstadt.
Hier landen alle Restabfälle der Region – etwa 200.000 Tonnen pro Jahr. Allein aus den Haushalten in Ludwigshafen lieferte der städtische Wirtschaftsbetrieb WBL 2016 rund 44.000 Tonnen an.
Das gewährleistet nicht nur die Sauberkeit in der Stadt. Die regelmäßige Leerung der grauen Tonnen ist zudem der erste Schritt einer hocheffizienten Prozesskette, bei der saubere Energie aus Abfall entsteht. Der häusliche und gewerbliche Restmüll wird zu Strom und Fernwärme von TWL.
Energie aus Abfall der gesamten Region
Was bleibt übrig, wenn Haushalte ihre Wertstoffe sortiert haben? Etwa ein Drittel an Restabfall: Ob volle Babywindeln, gebrauchte Taschentücher oder Staubsaugerbeutel – wer seinen Müll in die graue Tonne wirft, ist froh, ihn los zu werden. Die wenigsten machen sich klar, wie wertvoll auch dieser Abfall noch ist. Das enge Zusammenspiel zwischen GML und TWL sorgt dafür, dass klimaschonend Energie aus Abfall entsteht. „Wir wandeln den angelieferten Restmüll vollständig in eine andere wertvolle Ressource um“, betont Heinrich Maltry, der Leiter des Müllheizkraftwerks bei TWL, der mit seinem Team für die Betriebsführung der GML-Verbrennungsanlage verantwortlich ist.
Energie aus Abfall gibt es in Ludwigshafen seit 1967. Der Restmüll, der anderswo damals noch ungenutzt auf Deponien landete, wird sicher und keimfrei im Müllheizkraftwerk der GML verbrannt. Dabei entsteht 420 Grad Celsius heißer Hochdruckdampf mit 42 Bar Überdruck, den TWL im benachbarten Fernheizkraftwerk vollständig für die Erzeugung von Strom und Wärme
verwendet – und das nahezu ohne zusätzliche fossile Brennstoffe. „Der Energieinhalt des Mülls, den wir hier jährlich verwerten, entspricht etwa 60.000 Tonnen Steinkohle“, erläutert GML-Geschäftsführer Dr. Thomas Grommes. Damit ersetzt die Abfallverwertung ein kleines Kohlekraftwerk. „Die GML ist unser größter Energielieferant“, betont auch Andreas Bach, der Leiter des Fernheizkraftwerks bei TWL. Bach und sein Kollege Heinrich Maltry bilden mit ihren jeweiligen Mitarbeitern sowie den Verantwortlichen bei der GML ein unternehmensübergreifendes Team – verantwortlich für die energetische Restmüllverwertung.
Energetische Verwertung: Ökostrom aus Restmüll
Fast 88.000 Megawattstunden (MWh) Strom erzeugte TWL im vergangenen Jahr auf diese Weise lokal und speiste davon mehr als 71.000 MWh ins Netz ein. Diese Menge entspricht dem Bedarf von 18.000 Vierpersonenhaushalten. Der verbrannte Restmüll besteht zu etwa 53 Prozent aus organischen Bestandteilen wie Speise- und Holzresten, Papier und Leder. Die daraus erzeugte elektrische Energie ist als Ökostrom zertifiziert.
„Wir wandeln den angelieferten Müll vollständig in eine andere wertvolle Ressource um.“
Heinrich Maltry, Leiter Großanlagen Müllheizkraftwerk bei TWL
Damit steht den Kunden ein exklusives Produkt zur Verfügung. Kein anderer Energieversorger kann in Ludwigshafen lokal erzeugten Grünstrom anbieten. Besonders nachhaltig ist er durch die kurzen Transportwege: Während anderswo Steinkohle um den halben Globus transportiert wird, fährt der Brennstoff hier maximal 60 Kilometer weit. Vom vor Ort erzeugten Ökostrom profitiert die Qualität des TWL-Strommixes insgesamt, die deutlich höher ist als der deutsche Durchschnitt.
Klimaschonend wirkt sich zudem die kombinierte Strom- und Wärmeproduktion aus. Durch Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt TWL mit einem Teil des Dampfes aus dem Müllheizkraftwerk Fernwärme für Ludwigshafen. 2016 stellte der Energieversorger mehr als 222.000 Megawattstunden Fernwärme zur Verfügung, genug, um rund 20.000 Haushalte klimaschonend zu heizen und mit warmem Wasser zu versorgen. Im Vergleich zur herkömmlichen Wärmeversorgung der Kunden mit Öl und Gas spart die gekoppelte Energiezeugung aus Abfällen jährlich rund 100.000 Tonnen CO2 ein. Nach einer europaweit gültigen Bewertungsformel gehört das GML-Müllheizkraftwerk in Kombination mit dem Fernheizkraftwerk zu den energieeffizientesten Anlagen für die Abfallverwertung in Deutschland.
„Wir gewährleisten die Entsorgungssicherheit für eine Million Menschen.“
Dr. Thomas Grommes, Geschäftsführer der GML
Rund um die Uhr wird Energie aus Abfall erzeugt
Die energetische Verwertung der Partner trägt weit über Ludwigshafen hinaus zum aktiven Umweltschutz bei. Zum Einzugsgebiet des GML-Müllheizkraftwerks
gehören auch die Städte Kaiserslautern, Worms, Speyer, Frankenthal und Neustadt, die Landkreise Bad Dürkheim, Kaiserslautern und Alzey-Worms sowie der Rhein-Pfalz-Kreis. „Wir gewährleisten die Entsorgungssicherheit für eine Million Menschen“, sagt Dr. Thomas Grommes. „Das sind 25 Prozent der Einwohner von Rheinland-Pfalz.“
Um die enorme Menge zu bewältigen, arbeitet das Müllheizkraftwerk rund um die Uhr, um Energie aus Abfall zu erzeugen. Jeden Tag fahren mehr als 100 Müllfahrzeuge auf das Gelände der GML in der Bürgermeister-Grünzweig-Straße und laden ihre Fracht ab. Der Müllbunker bietet mit einem Fassungsvermögen von zirka 5.700 Kubikmetern Platz für rund 2.850 Tonnen Restmüll – genug, um das Kraftwerk fast viereinhalb Tage lang ununterbrochen zu befeuern.
850 Grad Celsius heißes Müllfeuer
Eine gewaltige Krananlage beschickt die drei Verbrennungskessel kontinuierlich. Wie gigantische Krallen versenken die beiden Kräne ihre Greifer in den Abfallberg. Packen sie zu, kann jeder von ihnen eine ähnlich große Menge an Müll fassen wie zwölf Personen in einem ganzen Jahr produzieren. Gesteuert werden sie von zwei TWL-Mitarbeitern. In ihrer halbseitig verglasten Kanzel nur wenige Meter unter der Decke des Bunkers haben die Kranführer das Geschehen im Blick. Sie vermischen den Müll und befördern ihn über einen Aufgabetrichter in die Kessel, wo er in den 850 Grad Celsius heißen Flammen des Müllfeuers aufgeht.
Dieses „Höllenfeuer“ überstehen nur die nicht brennbaren Stoffe, die im Schlackebunker zwischengelagert werden. Wertstoffe wie Metalle werden aus der Schlacke aussortiert, der Rest gelangt auf Deponien. Die Rauchgase, die bei der Verbrennung entstehen, reinigt eine hochmoderne Anlage in einem mehrstufigen Verfahren. Die dabei entstehenden Filterstäube werden unter Tage entsorgt.
Diesen Verwertungsprozess haben die Mitarbeiter der TWL-Querverbundleitwarte rund um die Uhr im Blick. Auf ihren Monitoren verfolgen Sie sowohl das orange-gelbe Flackern des Müllfeuers als auch die Arbeit der Turbinen im Fernheizkraftwerk. Das Team überwacht im Schichtbetrieb die gesamte Energie- und Wasserversorgung Ludwigshafens – und damit auch das Zusammenspiel der beiden Großanlagen.
Zwei Kraftwerke, ein System
Um Energie aus Abfall zu erzeugen, arbeiten die zwei Kraftwerke als geschlossenes thermodynamisches System; die GML und TWL sind gemeinsam als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziert. Beide Unternehmen haben daher ihre organisatorischen und technischen Prozesse exakt aufeinander abgestimmt. So teilen sich die Großanlagen der Partner eine zentrale Wasseraufbereitung und Kühlung, der 125 Meter hohe Kamin des Müllheizkraftwerks wird ebenfalls gemeinsam genutzt.
Das nachts den Jahreszeiten entsprechend farbig beleuchtete, weithin sichtbare Wahrzeichen der Stadt steht damit steht damit auch als Symbol für die enge Partnerschaft der beiden Unternehmen zum Wohl der Kunden. Denn der intensive Austausch hat ein gemeinsames Ziel: die sichere Abfallentsorgung für die Region und die zuverlässige Bereitstellung von sauberer Energie für Ludwigshafen.
TWL und GML feiern ihre 50-jährige Zusammenarbeit mit einem großen Fest mit buntem Rahmenprogramm:
Sa, 30. September: Tag der offenen Tür im Fernheizkraftwerk von TWL und im GML-Müllheizkraftwerk, Bürgermeister-Grünzweig-Straße 87